Projekte

Zeitzeugen
Die Baracke Wilhelmine sucht Menschen, die sich an Ereignisse und Erlebnisse, die im Zusammenhang mit den Nutzungen der Baracke stehen, erinnern und bereit sind, darüber Auskunft zu geben. Ebenso suchen wir Bildmaterial zum Bau des Bunkers Valentin, den Lagern in Schwanewede, Neuenkirchen und Farge und zum Evangelischen Hospital Neuenkirchen.
Auf Wunsch werden die Berichte vertraulich behandelt und im Falle der musealen Verwendung anonymisiert.

Gedenklandschaft Bunker Valentin
Gemeinsam mit dem Denkort Bunker Valentin und dem Verein Dokumentations- und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin e.V. arbeitet die Baracke Wilhelmine die Geschichte der Rüstungslandschaft in Bremen-Nord/Schwanewede und der dazugehörigen Lager auf. Die Ausstellungsorte Bunker Valentin, Baracke 27 und Baracke Wilhelmine sollen für die Besucher genauso erlebbar sein, wie die die authentischen und teilweise verschwundenen Orte im Gelände zwischen Schwanewede und Farge. In Kooperation mit den o.g. Institutionen und der Friedensschule Bremen-Nord stellt die Baracke Wilhelmine auf Wunsch ein individuelles Besichtigungs-, Vortrags- und Führungsprogramm zusammen.

Lebensborn
Bestandteil der Dauerausstellung in der Baracke Wilhelmine ist eine Präsentation zum Lebensborn-Heim in Schwanewede-Löhnhorst (heute Gut Hohehorst) als Ort der NS-Rassenpolitik.
Die Ausstellung „Lebensborn – Ideologie, Mythos, Spuren“ in der Baracke Wilhelmine dokumentiert als erste Dauerausstellung deutschlandweit den Hintergund dieser SS-Organisation und die Vorgänge in deren Heimen.
Diese waren als streng abgeschirmte Entbindungsheime für ledige Mütter Teil des rassistischen NS-Systems, dienten aber entgegen vieler Gerüchte nie als „Zuchtstätten für arischen Nachwuchs“.
Anschaulich werden in der Ausstellung die rassen-ideologischen Vorstellungen der SS, die zur Gründung des Vereins Lebensborn führten, dargestellt. Ein weiterer Ausstellungsteil widmet sich dem Alltag im Löhnhorster Lebensborn-Heim. Breiten Raum nimmt die Darstellung des Schicksals der Lebensborn-Kinder nach dem Krieg ein. Sie waren – oft unehelich geboren und auf der Suche nach ihren Wurzeln – zugleich Opfer der Gerüchte und Mythen, die sich um die Heime rankten.
Die Baracke Wilhelmine ist regelmässig Gastgeber für Treffen der Vereinigung der Lebensborn-Kinder.

Hospital Neuenkirchen
Die Baracke Wilhelmine dokumentiert die Geschichte des ehemaligen Evangelischen Hospitals Neuenkirchen (1947-1962) in zahlreichen Dokumenten, Bildern und Zeugnissen. Auch Zeitzeugen der Hospitalzeit und Sachzeugnisse und Objekte sind herzlich willkommen.
Auf Wunsch werden die Berichte vertraulich behandelt und im Falle der musealen Verwendung anonymisiert.

In Ricordo
„Erinnerung italienischer Zwangsarbeiter in Schwanewede und in der Region“ (2018-2019)

Projektbeschreibung

Rückblick und Ausblick

In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Bremen/Denkort Bunker Valentin, entwickelte der Verein Heimatfreunde Neuenkirchen e.V. im Jahre 2014 ein außerschulisches Projekt. Das sich an 9. und 10. Klässler/innen aus Bremen und Schwanewede (Niedersachsen) richtete und das Ziel verfolgte, eine intensivere Auseinandersetzung mit einer in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig beachteten NS-Opfergruppe, der sog. Italienischen Militärinternierten, zu fördern. Das von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten mitgeförderte Projekt „In ricordo“ startete im Dezember 2014 und fand seinen Abschluss im Sommer 2015 mit der öffentlichen Präsentation der Projektergebnisse, zunächst im Rathaus Schwanewede, in Form einer mobilen Ausstellung und eines 9minütigen Films. Wie kam es zu diesem thematischen Schwerpunkt?

Im Frühjahr 2011 erhielt die vom Verein Heimatfreunde Neuenkirchen e.V. konzipierte und getragene Baracke Wilhelmine den Besuch der Familie Materassi, aus der Toskana. Wenige Wochen zuvor war der ehemalige Militärinternierte Elio Materassi (1922-2011) im Alter von 89 Jahren gestorben, seinem Sohn Orlando und seinen Enkelkindern Yuri und Nicola ein Tagebuch hinterlassend, in dem er über die Stationen seiner Kriegsgefangenschaft berichtete.

Als sich Anfang September 1943 das damalige Königreich Italien unter der Regierung von Marschall Pietro Badoglio aus dem deutschen Bündnissystem löste und ein Waffenstillstandsabkommen mit den Alliierten unterzeichnete, gerieten etwa 800.000 italienische Armeeangehörige in deutsche Gefangenschaft und wurden ins Deutsche Reich in Kriegsgefangenenlager transportiert. Von diesen so genannten Stalags aus wurden die Italiener – als Verräter betrachtet – zum Arbeitseinsatz auf kleinere Lager verteilt, die in der Nähe von Industriebetrieben errichtet worden waren. So auf der Baustelle des U-Boot-Bunkers “Valentin“ im Norden Bremens. Die dort eingesetzten italienischen Kriegsgefangenen wurden hauptsächlich im Lager „Heidkamp“, in Schwanewede, untergebracht. Unter den offiziell als „Italienischen Militärinternierten“ (IMI) betrachteten Kriegsgefangenen befand sich der 21jährige Elio Materassi. Die Stationen seiner Deportation und seines Zwangsarbeitseinsatzes hielt der junge Toskaner in einem Tagebuch fest, das 1992 zum ersten Mal veröffentlicht wurde.

Bereits in ihrem Land hatten es die Rückkehrer 1945 nicht leicht: Von den einen als ehemalige Kämpfer des Mussolini-Regimes abgelehnt, von den anderen als Verräter – die nicht zur Befreiung ihres Landes beigetragen haben – betrachtet, wollten sie Jahrzehntelang nicht über ihre leidvolle Erfahrung in den deutschen Kriegsgefangenenlagern berichten. Auch wurde dieses Leid lange Jahre völlig verkannt und in den Darstellungen minimiert. Dabei steht inzwischen fest, dass ca. 20.000 von den nach Deutschland verschleppten Soldaten die Inhaftierungsbedingungen nicht überlebten. Bis heute haben die sog. Militärinternierten keine Wiedergutmachung erhalten.

Mit ihrer wenige Wochen nach Elios Tod in Nord-Deutschland durchgeführten Spurensuche setzte die Familie Materassi einen Stein ins Rollen. Enkel Yuri nutzte das Tagebuch als Grundlage für eine Fotoausstellung, „In ricordo“. Beide Quellen dienten als Grundlage für die „Erinnerung italienischer Zwangsarbeiter in Schwanewede und in der Region“ (2018-2019)

Entwicklung eines außerschulischen Projektes, konzipiert, entwickelt und betreut von der Baracke Wilhelmine und dem Denkort Bunker Valentin.

Zwischen Dezember 2014 und Juni 2015 befassten sich 12 Jugendliche aus Schwanewede und Bremen mit der Geschichte der sog. italienischen Militärinternierten. Auf der Grundlage des vorhandenen Materials (Tagebuch von Elio Materassi; Interviews mit dessen Nachfahren; Fotomaterial aus der Kriegszeit; Archivmaterial; Fotoausstellung von Yuri Materassi) und nach einer intensiven Auseinandersetzung mit den noch vorhandenen historischen Orten (Bunker „Valentin“; Baracke Wilhelmine und ehemaliges Lager „Heidkamp“ in Schwanewede; Dokumentationsstätte Sandbostel) entwickelten sie ein eigenes, zweisprachiges Produkt. Bestehend aus einer Roll up-Ausstellung und eines, in Kooperation mit einer Bremer Firma für kreative Medienpädagogik, CreaClic, entwickelten 9minütigen Films. Das Produkt wurde am 12. Juli 2015 im Rathaus Schwanewede im Beisein der Familie Materassi, dem italienischen Generalkonsul, dem Bürgermeister und über 100 geladenen Gästen präsentiert. Diese Ausstellung sowie der Film wurden in den Folgemonaten in der Baracke Wilhelmine, in der Waldschule Schwanewede, im Bremer Rathaus im Rahmen der Veranstaltung „Nacht der Jugend“, in der Bremischen Bürgerschaft und an der Politischen Akademie Tutzing gezeigt. Dort erhielt das Projekt den Demokratiepreis vom Förderprogramm Demokratisch Handeln.

Wie soll dieses Projekt nun weitergehen?

Im Mai 2017 reiste eine Delegation aus Schwanewede und Bremen (bestehend aus dem Bürgermeister der Gemeinde Schwanewede, dem Leiter der Baracke Wilhelmine, der Leiterin vom Denkort Bunker Valentin, dem Leiter der Waldschule und dem stellvertretenden Honorarkonsul Italiens in Bremen) nach Pontassieve, um die Projektergebnisse im Rathaus der Geburtsstadt von Elio Materassi vorzustellen. Zu diesem Anlass wurde ein „Abkommen über einen schulischen und kulturellen Austausch“ zwischen den Gemeinden Pontassieve und Schwanewede feierlich unterschrieben und erste Sondierungsgespräche mit den Leitern von zwei, an einer engeren Partnerschaft interessierten Schulen geführt. Ziel, so steht es in dem Abkommen, „soll die Schaffung eines dauerhaften schulischen und kulturellen Schüleraustausches zwischen den beteiligten Bildungseinrichtungen sein, damit die junge Generation eine internationale Kultur erfährt, die auf dem europäischen Geist und den Werten des gegenseitigen Verständnisses, des Respekts und der Toleranz beruht“.

Das Abkommen soll als Grundlage für die Entwicklung von außerschulischen Projekten dienen, in Kooperation zwischen der Baracke Wilhelmine, dem Denkort Bunker Valentin / Landeszentrale für politische Bildung Bremen und dem Nationalen Verband ehemaliger italienischer Häftlinge nationalsozialistischer Lager (ANEI).

Der Schwerpunkt der historischen Auseinandersetzung liegt bei der Geschichte der in Deutschland zwangseingesetzten Italiener. In der ersten Projektstufe standen die IMIs im Mittelpunkt. Beim vorliegenden Antrag handelt es sich um eine thematische Erweiterung, da nun die weiteren Kategorien von in NS-Deutschland zur Zwangsarbeit eingesetzten Italienern, darunter die Konzentrationslagerhäftlinge, in den Fokus rücken sollen. Neuere Recherchen „Erinnerung italienischer Zwangsarbeiter in Schwanewede und in der Region“ (2018-2019) haben nämlich ergeben, dass sich unter den im KZ-Farge, einem Außenlager des KZ Neuengamme, eingepferchten Häftlingen, auch Italiener (darunter auch Menschen aus der Toskana) befanden.

Vor diesem Hintergrund wurde ein neues Projekt entwickelt, das folgenden Titel trägt:

„Erinnerung italienischer Zwangsarbeiter in Schwanewede und in der Region“ und in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der Gedenkstätte Lager Sandbostel durchgeführt werden soll.

Hierfür soll an der Waldschule eine Arbeitsgruppe von bis max. 20 9-Klässlern (Hauptschul-, Realschul-, Gymnasialschulzweig) gegründet werden. Die sich im Rahmen des gesamten Schuljahres 2018/2019 i.d.R. an jedem 2. Mittwoch im Monat zusammentrifft und betreut von 2 pädagogischen Honorarkräften (bevorzugt jene, die das erste Projekt „in ricordo“ 2014/15 betreut haben) das Thema „italienische Zwangsarbeiter in Nord-Deutschland“ anhand von Biographien und historischem Archivmaterial bearbeitet.

Die didaktische Leiterin von der Waldschule und eine Geschichtslehrerin begleiten das gesamte Projekt und unterstützen die Gruppe bei der Übersetzung bzw. der Bearbeitung der vorliegenden Materialien. Ferner hat die Fachbereichsleiterin Gesellschaft großes Interesse an einer Mitarbeit und eventuell Weiterführung des Projektes signalisiert.

Das Projekt besteht aus drei Phasen:

1) Herbst 2018: Gedenkstättenfahrten – als Einführung in die historische Materie sollen die Schüler/innen die historischen Orte kennenlernen. Geplant sind vier Fahrten:

o Schwanewede: Baracke Wilhelmine und ehemaliges Lagergelände
 
o Bremen-Farge: Denkort Bunker Valentin
 
o Sandbostel: Gedenkstätte Lager Sandbostel
 
o Hamburg: KZ-Gedenkstätte Neuengamme

An den jeweiligen Orten sind mehrstündige Seminare, mit thematischem Schwerpunkt, geplant.

2) Ab Ende 2018: Recherchearbeit und Entwicklung eines zweisprachigen Produkts (Film und Ausstellung), auf der Grundlage von Biographie-Recherchen zu Italienern (u.a. aus der Toskana), die in den Kriegsjahren nach Nord-Deutschland zur Zwangsarbeit verschleppt wurden.

Das gesamte Projekt soll durch die Schüler/innen eigenständig dokumentiert werden. Hierfür soll die Firma CreaClic erneut gewonnen werden, zunächst um die Schülergruppe in die Techniken der Kamera- und Tonführung einzuweisen, zu einem späteren Zeitpunkt dann, um das gesammelte Material gemeinsam mit den Jugendlichen und entsprechend ihrer Vorstellungen in einen Projektfilm zusammen zu fassen.

3) Sommer 2019: Vorstellung der Ergebnisse – Im Verlauf des Schuljahrs ist ein Austausch zwischen der Gruppe der Waldschule und einer Schulgruppe aus Pontassieve geplant. Während die Jugendlichen im Herbst 2018 nach „Erinnerung italienischer Zwangsarbeiter in Schwanewede und in der Region“ (2018-2019)  Pontassieve fliegen sollen, ist ein Gegenbesuch der Italiener im Sommer 2019 geplant, anlässlich der Präsentation der Projektergebnisse.

In einer nächsten Projektstufe ist es angedacht, zwei Gruppen (Schwanewede/Pontassieve) parallel arbeiten zu lassen, um gemeinsam ein internationales Produkt zu entwickeln.

Ziel des hier vorgestellten Projektes ist es, die Schüler/innen zu einer Auseinandersetzung mit der NS-Verfolgungspolitik und dem Thema Zwangsarbeit am Beispiel einer nationalen Gruppe einzuladen. Sie lernen die historischen Orte kennen und entdecken durch die Arbeit mit Biographien von ehemaligen, in ihre Region deportierten italienischen Zwangsarbeitern, die Vielfältigkeit der Verfolgungswege und –Realitäten. Durch das Projekt erhalten sie die Möglichkeit, sich über einen langen Zeitraum intensiv mit diesem Thema, sowohl einzeln als auch im Team, auseinanderzusetzen und auszutauschen.

Zusätzlich stärken sie durch die eigenständige Erarbeitung der Geschichte der italienischen Zwangsarbeiter anhand von historischen Quellen ihre Urteilsfähigkeit. Sie sollen sich mit den vorhandenen Quellen und aktiven Kontakten nach Italien kritisch mit dem Thema auseinandersetzen und eine eigene Meinung zum historischen Schachgegenstand bilden. Im Verlauf des Schuljahrs sollen sie die Schulöffentlichkeit über den Verlauf des Projektes informieren, z.B. im Rahmen der Gesamtkonferenz und gegenüber vom Schülerrat.

Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung, indem sie exemplarische Biographien stellvertretend für die italienischen Zwangsarbeiter in die Öffentlichkeit rücken und diese Verantwortung soll in weitere nachfolgende, international angedachte Projekte fortgeführt werden. Sie bekommen ferner die Möglichkeit, die Wichtigkeit der erarbeiteten Biografien für ihr historisches Handeln zu begreifen, indem sie für Gleichaltrige eine Ausstellung mit einem selbst zusammengestellten Informationsfilm erarbeiten. Hiermit setzen sie ein Zeichen gegen das Vergessen und argumentieren für die Erinnerung. Durch das Projekt soll ihr Geschichtsbewusstsein intensiver geprägt werden, indem eben die Erinnerungskultur im Vordergrund steht.

Von Anfang an sollen sie das Projektvorgehen dokumentieren, indem sie Projektprotokolle anlegen und die Gedenkstättenbesuche filmisch festhalten.

Ansprechpartner für Auskünfte über dieses Projekt sind:

Denkort Bunker Valentin Dr. Christel Trouvé, Rekumer Siel 1, 28777 Bremen
Telefon 0421 / 69 67 36 70,
E-Mail: christel.trouve@bunkervalentin.de 
Baracke Wilhelmine Dr. Julia Schmengler, An der Kaserne 122, 28790 Schwanewede
Telefon 0 179 92 07 967
E-Mail: julia.schmengler@gmx.de